Wie immer um diese Zeit reden alle von dem, was war und dem, was kommt – dabei weiß das keiner so genau. Ich habe im vergangenen Jahr lernen müssen, dass Vertrauen manchmal eine Einbahnstraße ist, dass ich zu blauäugig auf Hilfe vertraut habe, die dann aus einer ganz anderen Ecke kam und immer noch wirkt.
Es waren zum Teil recht schmerzhafte Erfahrungen, besonders im seelischen Bereich, und ich bin froh, nicht meinem ersten Impuls gefolgt zu sein und niemandem mehr zu trauen. Ich versuche nun, mehr zu lauschen auf meine „innere Stimme“, wenn ich eine Entscheidung treffen muss. In mich gehen, mir Zeit nehmen für mich in solchen Momenten. Ja, alles hat seine Zeit, und manche Entscheidung braucht einfach Zeit, auch wenn die äußeren Umstände dagegen zu sprechen scheinen. Zeit nehmen für Innenschau und Gebet, um meine Entscheidung in Ruhe zu treffen.
Zeit nehmen – in unserer hektischen Welt? Ja, gerade deshalb! Gerade und ganz bewusst immer wieder kleine Ausflüge in meine Seele, mein Herz machen, den Rückzug antreten und horchen, was mein Inneres mir sagen will. Dabei kommen ganz überraschende Dinge zutage, manchmal auch unbequeme – aber die Liebe zu mir selbst ist in diesem Jahr so stark gewachsen, dass ich auch mit den unbequemen Dingen umgehen kann. Manchmal reicht für solch einen Rückzug das Schließen der Augen am Schreibtisch für einige Sekunden oder der Gang zum Brötchen holen in der Caféteria gegenüber. Manchmal aber ist es auch nötig, zu einem meiner Lieblingsplätze zu fahren, einem kleinen Parkplatz auf dem Kirres, dort ein paar Schritte in den Wald zu gehen und dem Lied des Windes in den Blättern der Bäume zu lauschen. Das ist für mich wie eine Tankstelle für meine Seele, und nicht selten bete ich zu meinem Schöpfer oder zu einem Engel und erzähle in diesem Gebet von meinem Problem. Nicht selten finde ich dann eine Feder, sehe ein seltsames Licht und fühle mich, als hätte ich das Problem bereits gelöst. Mit diesem Gefühl kann ich dann der Welt wieder gegenübertreten und das Problem tatsächlich lösen (lassen).
Ich fahre für mein Leben gerne Auto, mit dem Zug und mit anderen öffentlichen Verkehrsmitteln. Doch das Auto ist mein absolutes Lieblingsfortbewegungsmittel, und bei meinen Fahrten zu Leira kann ich viele Verhaltensweisen studieren – auch an mir selbst! Seit ich mich mit Meditation, Reiki und Gebet intensiv beschäftige, erfahre ich hier eine Veränderung, die sich immer mehr bemerkbar macht. Ich fahre deshalb nicht langsamer, aber wesentlich entspannter. Vor allem lasse ich mich nicht mehr provozieren, behaupte aber durchaus meine Position, wenn es sein muss. Ich habe das Gefühl, dass eine größere Gelassenheit in mir zu einer größeren Ausgeglichenheit um mich herum führt. Ich scheine etwas auszustrahlen, was andere irgendwie erreicht und beruhigt.
Besonders berührt mich dabei, dass ich wirklich im „Hier und Jetzt“ sein kann. Damit meine ich, dass ich im jeweiligen Augenblick bin und den (er)lebe – dass ich der jeweiligen Situation meine volle Aufmerksamkeit schenke und nicht schon drei Kilometer weiter bin. Früher habe ich oft beim Autofahren an Dinge gedacht, die ich noch tun muss, meinen Einkaufszettel in Gedanken geschrieben oder mich über dies und jenes geärgert, das passiert war. Das hat mehr als einmal dazu geführt, dass eine notwendige Reaktion fast zu spät kam – und hinterher konnte ich mich bei meinem Schutzengel bedanken …
Im „Hier und Jetzt“ sein heißt, der jeweiligen Situation meine volle Aufmerksamkeit zu schenken. Autofahren heißt Autofahren und nicht über irgendwelche Dinge nachdenken, die waren (die kann ich sowieso nicht mehr ändern) oder die noch kommen. Wenn die Zeit reif ist, werde ich mich kümmern, nicht schon Wochen vorher oder wenn ich mich auf etwas anderes konzentrieren sollte. Das heißt nicht, dass ich nicht plane – ohne eine gewisse Planung kommt heute niemand mehr aus. Aber es heißt auch, dass ich zwar etwas plane, aber dennoch offen bleibe, denn vielleicht kommt genau jetzt meine große Chance um die Ecke – und ich nehme sie gar nicht wahr, weil ich viel zu viel gleichzeitig zu denken versuche.
Alles hat seine Zeit – auch das Schreiben des Einkaufszettels. Selbst wenn ich nur gedanklich einen schreibe, muss das nicht dann sein, wenn ich mit 140 km/h einen LKW überhole …Im Zweifel warte ich eben auf dem Parkplatz vor dem Geschäft zwei Minuten und denke kurz nach, was ich kaufen möchte. Noch etwas außer warten können geschieht dann: wenn ich mich auf das Fahren konzentriere und darauf, was gerade um mich herum geschieht, bleibe ich offen und gelassen – Wut und Frust über Geschehenes bleiben dann ebenso außen vor wie Angst vor dem Kommenden. So lasse ich keine Wut an meinen Mitreisenden aus, die auch nur möglichst schnell und sicher ihr Ziel erreichen möchten.
„Alles hat seine Zeit“ heißt für mich auch, warten zu können – auf Gelegenheiten, auf Gespräche, auf Feste. Ja, auch auf Feste – und so ignoriere ich inzwischen sehr erfolgreich jedweden Weihnachtsmann und entsprechende Süßigkeiten vor dem 1. Advent ebenso wie Ostereier, die sich schon vor Karneval in manchen Geschäften breit machen. Meine Krippe baue ich am Hl. Abend auf ebenso wie den Weihnachtsbaum, nicht schon eine Woche früher, denn da ist noch nicht Weihnachten. Wenn ich dann höre, dass viele sich so den Stress am Hl. Abend ersparen möchten, frage ich mich, was es denn alles an diesem Tag zu tun gibt, was wichtiger ist, als die Dinge bereitzustellen, die das Fest ausmachen, die die Aussage des Festes ausdrücken?
Dies nur als Beispiel, wie wir uns heute viel zu oft von außen steuern lassen – würde niemand die Süßigkeiten kaufen, bevor ihre Zeit gekommen ist, würden sie auch nicht angeboten. Wir haben die Macht und die Verantwortung für unser Handeln, das kann uns niemand abnehmen. Warten können ist ein wesentlicher Punkt in einer Gesellschaft, die nicht immer schneller. höher und weiterwill, weil dabei zu viele auf der Strecke bleiben, die aus den verschiedensten Gründen nicht so schnell sind. Eine langsamere Gangart, häufigeres Innehalten und Umschauen wirkt Wunder, ebenso wie das Lächeln, mit dem wir auf unsere Umwelt zugehen.
Ich durfte inzwischen mehrfach erfahren, wie schön es sein kann, dieses Innehalten. Mancher Moment im Wald, unterwegs und immer, wenn ich offen war für den jeweiligen Augenblick haben mir gezeigt, dass ich in einer wunderbaren Welt lebe, die so vielen Geschöpfen Platz bietet und uns so viel zu sagen und zu bieten hat, wenn wir lernen hinzuhören und hinzuschauen – immer wieder, immer öfter und mit offenem, liebevollem Herzen!
Meine Gedanken halte ich in kleinen E-Books fest. Wer mag, findet mehr darüber auf meiner Autorenseite bei Amazon.. Viel Spaß beim Stöbern!
In diesem Sinn wünsche ich uns allen ein gutes Neues Jahr!